Generalversammlung 2009 Drucken
Bericht von Dr. Elisabeth Neier:

Die aktuelle Entwicklung des Krankenhauses Ngaoubela
und seiner Außenstationen im Jahr 2008/2009  
 
Als ich im September 2008 nach meinem Urlaub wieder zurück nach Kamerun fuhr, war dies mit einiger Besorgnis verbunden. Ich wusste, dass Dr. Titus, oft stundenlanges Warten auf die Behandlungmein ärztlicher Partner und zu diesem Zeitpunkt administrativer Verantwortlicher für das Krankenhaus Ngaoubela, in wenigen Wochen seine Fachausbildung zum Augenarzt antreten würde und unser Krankenhaus verlassen wird.
Wie sollte das gehen?

Ein 150-Betten-Spital, Schwerpunktkrankenhaus einer Region von ca. 250 km Durchmesser mit seinem ganzen Spektrum an Aktivitäten und nur 1 Arzt – das erinnerte an meine Situation am Anfang meiner Tätigkeit, 20 Jahre früher - nur war das Krankenhaus einstweilen von 80 auf 150 Betten angewachsen – ich selbst sicher erfahrener, aber auch 20 Jahre älter.
So wurde ich also Anfang November wieder einmal zum Med-Chef par interim ernannt - oder zur „Directrice regional“, wie sich das jetzt neuerdings nennt.
Zu den medizinischen Aufgaben, der Sorge um die Menschen, die immer die Priorität meines Lebens in Afrika darstellen werden, gesellte sich der Bereich der Leitung und Organisation dieser Sanitärstruktur und der angeschlossenen Außenstationen dazu.
 
Die Vernetzung und Integration unseres Krankenhauses in das öffentliche Gesundheitssystem verlangt immer wieder die Teilnahme an von diesem Sektor organisierten Sitzungen und Programmen.
 
Nach fast 8 Jahren Zentralverwaltung entschloss sich im November 2008 die Evangelisch-Lutherische-Kirche Kameruns – die Trägerorganisation unseres Krankenhauses zu einer bedeutsamen organisationellen Strukturänderung: Das Oeuvre de Santé – das Gesundheitswerk der EELC erhält wieder eine bestimmte Verwaltungsautonomie – d. h. im Klartext: eigene Statuten mit Neu-Definition der Verantwortungsbereiche, Neuregelung des Personal- und Finanzbereiches, ein eigener Verwaltungsausschuss der 2 x jährlich die für den Gesamtbereich wichtigen Entscheidungen trifft. Für die Praxis sehen wir da vor allem die Möglichkeit auf dem Personalsektor konkret Einfluss nehmen zu können nach dem Motto:
 
„Den richtigen Mann an den richtigen Platz!“
 
So wurden besonders für mehrere Außenstellen Umbesetzungen beschlossen, von denen wir uns funktionelle Verbesserungen und die Lösung mancher interpersoneller Probleme erhoffen.
 
War es auf dem ärztlichen Sektor auf Grund dieser Unterbesetzung in diesem Arbeitsjahr alles andere wie einfach, so erfuhr ich doch kräftige Unterstützung durch unsere freiwilligen Helfer
Fabian Ammann, Biologe und Florian Schirg, Wirtschaftler, unsere zwei Zivildiener im Jahr 2008 wollten wir am liebsten gar nicht mehr gehen lassen.der OP-Raum ist vobereitet
Monika Hagspiel und Katrin Silva, zwei Absolventinnen der Schule für Alten- und Familienhilfe leisteten wertvolle Arbeit im Ernährungszentrum und in der Wundpflege.
Die Schweizerin Sybille unterstützte uns einige Wochen als Physiotherapeutin.
Desas Aufenthalt in Ngaoubela, dies bereits zum zweiten Mal, nützte sie aktiv im Ernährungszentrum.
Antje Lötsch, OP-Schwester aus dem Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz, sorgte gemeinsam mit Marie-Christine Neier und Stephan Schobloch für einen sicheren Rücktransport der kleinen Fadimatou Gambo. Dieses Baby wurde in Linz wegen einer schweren Blasenmissbildung in Linz operiert und nach 4 ½ Monaten Aufenthalt in Österreich seinen glücklichen Eltern zurückgebracht.
Benedikt Wachter, unser Zivi ab Dezember 2008 hat einstweilen auch ein vielfältiges Aufgabengebiet gefunden: Bewegungstherapie nach Unfällen und Schlaganfällen, Ausfahrten in den Busch mit dem praeventiv-medizinischen Team, Englisch-Unterricht in der Schule und die Verwaltung und Organisation des Baues des Vorarlberg-Hauses.
Baptist, ein junger Schreiner mit 24 Jahren, traf im Jänner ein und arbeitet derzeit gemeinsam mit einem einheimischen Team an den Fenstern dieses Hauses.das Vorarlberg Haus im Rohbauzustand

Dr. Mariette El Banid, die Gynäkologin aus dem Elsass, einstweilen 80 Jahre alt, ist noch immer bereit, uns mit gynäkologischen Konsultationen und in der Geburtshilfestation zu unterstützen. Sie verbrachte heuer mehr als 4 Monate in Ngaoubela.
 
Nicht vergessen möchte ich unsere langjährigen Mitkämpfer:
 
Anni  Purtscher, im Schulprojekt
Rudl Heimböck, in der Handwerkerförderung
Hannes Marte und Andreas Guger,
die diesmal im Gesundheitszentrum Bankim ein neues, großes Wasserprojekt realisierten. 
 
„Vorarlberg-Haus“
 
Um die Möglichkeit zu haben, solche freiwilligen Mitarbeiter in Ngaoubela aufzunehmen, entschloss sich unser Verein eine Personal-Unterkunft zu bauen. Dieses sogenannte „Vorarlberghaus“ ist nun seit Ende Februar 2008 im Bau und macht gute Fortschritte. Die bisher aufgewendeten Mittel betragen 34.500 Euro. Für die Fertigstellung und Einrichtung dürften noch etwa 7.000 bis 10.000 Euro notwendig sein.
 
Zurück zur internen Personalentwicklung:
Nach 7 Monaten intensiver Suche gelang es dem „Oeuvre de Santé“ zwei junge kamerunische Ärzte zu engagieren, Studienabgänger, die ca. 1 Jahr Praktikumserfahrung mitbringen. Schon in den wenigen Wochen gemeinsamer Arbeit in Ngaoubela hat es sich gezeigt, dass sie ein recht gutes theoretisches Niveau besitzen. Mit viel Energie und Engagement wollen sie sich für die Patientenbetreuung und ein besseres Funktionieren unseres Krankenhausbetriebes einsetzen. Die letzten Wochen vor meinem Urlaub waren deshalb der intensiven praktischen Ausbildungstätigkeit gewidmet, vor allem auf chirurgischem Gebiet, sodass auch jetzt in meiner Abwesenheit zusammen mit dem vorhandenen OP-Team ein Notfall-Kaiserschnitt oder die OP einer geplatzten Eileiterschwangerschaft gut vonstatten gehen müsste.
Drei Tage vor meiner Abreise wurde uns noch ein junger Arzt aus Ruanda zugeteilt, der bereits einige Erfahrung in Geburtshilfe hat und später in Garoua Boulai arbeiten soll.
Im Herbst, genauer gesagt Mitte Oktober wird dann ein junger österreichischer Arzt, Dr. Florian Ronge, als Zivildiener zu uns stoßen.
Unser langjähriges Bemühen, das Gesundheitszentrum Bankim ärztlich zu versorgen, kann wahrscheinlich Anfang 2010 realisiert werden. Ein junger Arzt, der Ende dieses Jahres sein Studium beendet, soll zunächst für einige Ausbildungsmonate nach Ngaoubela kommen, bevor er dann den Posten in Bankim übernimmt.
Ngaoubela wird zum Ausbildungskrankenhaus – eine ganz neue Aufgabe für mich, die neue Ausblicke für die Betreuung unserer Sanitärstrukturen möglich macht.
 
Unsere Außenstellen sind die Gesundheitszentren in

Yoko  /  
Banyo  /  Bankim  /  Galim  /  Ngatt
Diese Dispensaires konnte ich in diesem Arbeitsjahr jeweils nur ein einziges Mal tatkräftig unterstützen, doch genügte das, mir über verschiedene Notwendigkeiten klar zu werden:
 
-  das kleine Centre de Santé Ngatt, nun von einem sehr aktiven Diplompfleger geleitet, hat nun deutlich mehr Patienten, sodass die vorhandenen 4 Hospitalbetten nicht mehr ausreichen; ein Zubau, der Raum für 6 Betten bietet, wäre notwendig und sicher nicht zu kostspielig.
 
-
Bankim: freut sich sehr über sein tadellos funktionierendes Fließwasser. Der Bau eines OP-Traktes wird wieder zur aktuellen Frage.
 
- Banyo: im Zentrum einer regen Stadt ist diese Gesundheitsstation in einem alten Missionsgebäude untergebracht. Trotz der beengten Raumverhältnisse erfreut es sich zunehmender Beliebtheit in der Bevölkerung durch die gute Arbeit eines gefestigten, aktiven Teams. Leider sind die Möglichkeiten auf Grund der räumlichen Gegebenheiten noch recht begrenzt. Das neue Gebäude sollte Labor, OP-Bereich, Kreißsaal und einige Hospitalisationszimmer enthalten – auch wäre eine Verbesserung der Wasserversorgung notwendig.
 
- Der bisherige Verantwortliche für den Sektor „Primary Health Care“ wird nun Chef-Pfleger im Gesundheitszentrum Yoko das in einer waldreichen Gegend mit weit auseinanderliegenden Buschdörfern liegt. Die präventiv medizinische Basis – Versorgung wie Impfungen, Gesundheitserziehung, Schwangerenvorsorge mit der Möglichkeit der HIV-Testung und Ernährungsberatung zu den Leuten zu bringen, ist ihm ein Anliegen. Nur: das vorhandene Motorrad ist völlig abgewrackt und so liegt unserem Verein nun ein Ansuchen vor, ob wir diesbezüglich helfen können.

Wie Sie also dem Bericht entnehmen können, eine Zeit  voller Veränderungen und mit neuen Herausforderungen für mich. Aber mit einer starken Rückendeckung der vielen Freunde, vor allem aus Vorarlberg, liess sich auch dieses Jahr gut meistern. Gerne würde ich Ihnen die Dankbarkeit der Menschen hier näher bringen, als kleine Entschädigung für die vielen Hilfestellungen die ich immer wieder erfahre.