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Leben in Kamerun - Impressionen PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dr. med. Margit Breuss   
die Straße nach Ngaoubela
 ... das ist die Strasse nach Ngaoubela … 

 … man soll da lieber drüber fliegen als durchfahren, steht im Reiseführer. Weil es da nicht viel mehr gebe als ein paar Nomaden und die Pisten holprig und schwierig zu befahren seien. Gemeint ist das Adamaoua-Plateau im Norden Kameruns. Niemandsland.Hier liegt Ngaoubela, ein kleines Dorf mit einer Moschee, einer Kirche, einem Markt, einer Bar, einem Fußballplatz, einem winzigen Geschäft und einem gar nicht winzigen Spital.

In der Morgendämmerung wirkt die Szene idyllisch. Nur ein paar Ziegen und Hunde strolchen dösig zwischen den flachen, wellblechbedeckten Häuschen. Doch um halb sechs ist Schluss mit der Geruhsamkeit. Es ist die Stunde des die Ruhe vor dem Sturmislamischen Morgengebets. Die Männer in ihren weiten Boubous versammeln sich mit ihren Teppichen, während die Frauen in den Häusern beten. Eine Stunde später herrscht reges Treiben. Hund und Ziege sind verscheucht. Frauen beginnen zwischen den Häusern Feuer zu entfachen, stellen Töpfe mit Wasser auf und stillen ihre Kinder. Die ersten bieten auf dem Markt hinter den Häuserzeilen bereits Makala (in Fett herausgebackenes Gebäck) und Busseri (Frühstücksgetränk aus heißem Wasser, Mehl und Milch) feil. Afrikanisches Frühstück. Eine feingliedrige Frau mit grellbunten Plastikohrringen erscheint auf dem Markt. Sie trägt eine schwankende Kalebasse auf dem Kopf, gefüllt mit frischer Milch. Eine Mborroro, eine Nomadin. Sie hat bereits eine Stunde Fußmarsch hinter sich. Zwei Kinder balgen im Sand. Ein ganz gewöhnlicher, afrikanischer Morgen?

Nicht ganz. Diese Leute hier verbindet Sorge und Ungewissheit. Der Brunnen in der Mitte ist kein gewöhnlicher Dorfbrunnen, sondern das Zentrum eines Spitals. Ein afrikanisches Landspital. Hier bekommen die Kranken für umgerechnet ca. 4 Euro einen Platz auf einem Bett. Eine Erstuntersuchung durch den Krankenpfleger kostet ca. 1,2 Euro, jede BüroTablette, jeder Laborbefund, jede Spritze muß von der Familie des Kranken eigens bezahlt werden. Krank sein ist teuer. Teuer? Die Beträge mögen vielleicht lächerlich erscheinen. Hier leben jedoch 90 Prozent der Leute von dem, was auf den Feldern wächst, oder sie ziehen mit ihren Rinderherden durch das Land. Verkaufen auf dem Markt Mais, Fische, Tomaten, Manjok, können sich dafür Salz kaufen oder ganz feierlich einmal Colanüsse oder ein Paar Plastikschlapfen. Bezahlte Arbeitsplätze sind die Ausnahme. Hier wird in Centbeträgen gerechnet. Ein Krankenhausbett ist häufig nur erschwinglich, wenn die ganze Sippe zusammenlegt. Und manchmal nicht einmal dann.Die Versorgung und Pflege der Kranken übernimmt die Familie. Das fängt beim sauberen Bettlaken an und reicht bis zur Ernährung der Kranken über eine Magensonde. Die pflegenden Familienmitglieder übernachten samt Kochtöpfen und Hausrat um und unter dem Bett. Bei Tag spielt sich das Leben ohnehin draußen ab. Schwestern, Pfleger und Ärzte kümmern sich ausschließlich um medizinische Belange. Sie untersuchen, verordnen und verabreichen Medikamente, operieren. Den Schwestern kommen hier Aufgaben zu, die in Europa Ärzte erfüllen. Die Ärzte sehen überall nach dem Rechten, und kümmern sich um die "schwierigen" Patienten. Ärzte sind rar. Es gibt nur zwei im Hundertfünfzig-Betten-Spital. Krank sein in Afrika, auf dem Land, bedeutet Ungewissheit. Die Ungewissheit, überhaupt ein Spital zu erreichen. Spitäler sind dünn gesät. Häufig sind mehrere Tage Anreise beim Kochennötig, zu Fuß, mit dem Fahrrad, Motorrad oder Buschtaxi. Die Ungewissheit, dort die nötigen Mittel vorzufinden. Röntgen, Labor, einfache Dinge, die eine Diagnose ermöglichen. Ist etwas defekt, kann es lange dauern, bis Ersatzteile vorhanden sind. Die Ungewissheit, ob genug Personal vorhanden ist, und schließlich die Frage, ob es auch Medikamente gibt. Allem voran steht die Familie aber vor dem Problem, ob die Krankheit überhaupt in einem Spital behandelt werden kann, oder ob der Heiler dafür zuständig ist. In Afrika werden viele Krankheiten auf Magie zurückgeführt. Dagegen richten Spitäler bekanntlich wenig aus. Vor allem nicht, wenn dort weiße Ärzte ihr Unwesen treiben.Es ist keine Selbstverständlichkeit, einen Arzt aufzusuchen, wenn man krank ist. Es ist eine grundsätzliche Entscheidung, die mit vielen Mühen und Kosten verbunden ist. Haben die Leute aber einmal Vertrauen zu einem Spital gefasst, kommen sie. Und sie kommen von weit her. Das Spital wächst und wächst. So auch das Krankenhaus von Ngaoubela. Manchmal müssen aus Bettenmangel zwei Kinder in ein Bett gelegt werden. Sämtliche Nebenräume werden mit Patienten belegt. Wer mobil genug ist, muß sich ein Zimmer im Dorf nehmen und wird täglich zu Kontrollen bestellt. Beinahe ein Jahrzehnt war hier Frau Dr. Elisabeth Neier aus Vorarlberg die einzige Ärztin. Seit einigen Jahren hat sie einen kamerunischen Kollegen zur Seite. Aber die Aufgaben sind auch so kaum zu bewältigen.

 


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